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Pressearbeit und soziale Medien im Praxis-Check

Pressearbeit und soziale Medien für die SchulKinoWochen habe ich einem Praxis-Check unterzogen: Was funktioniert? Wo liegen Grenzen und Schwierigkeiten für kulturelle Projekte?

Von November 2014 bis zum April 2015 betreute ich als Pressesprecherin die hessischen SchulKinoWochen. Die Kernbotschaft war klar: Kinder und Jugendliche erweitern mit dem Medium Kino ihre Medienkompetenz und das Rahmenprogramm vermittelt Hintergründe der Arbeit beim Film – zum Beispiel im Gespräch mit Filmemachern. Mein persönliches Highlight: Nadav Schirman im Gespräch über seinen Dokumentarfilm „The Green Prince“, der nachzeichnet, wie der Sohn eines Hamas-Führers zum Informanten für den israelischen Geheimdienst wurde. Die Jugendlichen stellten im Anschluss vielen Fragen zu Israel, der Hamas und wie er die Protagonisten dazu bekam sich vor der Kamera zu äußern. Da hätte ich am liebsten gleich mitgefragt.

Pressearbeit und soziale Medien:
Hierarchien und viele Stakeholder

Für die Pressearbeit herausfordernd war bei diesem Projekt die Kombination aus verschiedenen Auftraggebern und Stakeholdern.

Als Großprojekt sind die SchulKinoWochen beim Deutschen Filminstitut in Frankfurt aufgehängt, das Projekt selbst gehört zu Vision Kino, neben anderen Förderern sind auch das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst und das Hessische Kultusministerium mit im Boot. So musste jedes kleine Dokument durch viele Freigabe-Schleifen. Ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage: Durch die Einbindung in strikte Hierarchien auf allen Seiten stand nicht immer der Text und der direkte Nutzen für die Pressearbeit im Vordergrund. Hierarchien und Wichtigkeiten mussten abgebildet werden, ohne jedoch den potentiellen Leser zu verlieren und auch ohne die Attraktivität für die Journalisten zu schmälern. All dies verlangte meiner Arbeit ein großes Maß an Fingerspitzengefühl ab.

Pressearbeit-SchulKinoWochen-beim-Auftakt-im-Deutschen-Filmmuseum

Foto: SchulKinoWochen Hessen

Gleichzeitig war das Projekt mittlerweile in seiner 9. Auflage angekommen. Vorhandene Strukturen mussten überarbeitet, Kernbotschaften behutsam neu verpackt und der Presseverteiler aktualisiert werden. Im Tagesgeschäft sprach ich mit Journalisten, setze Text für unterschiedlichste Aspekte des Projekts auf, organisierte die Pressekonferenz, die Begleitung der Eröffnung und Presseinformationen für die vielen Vor-Ort-Termine während des zweiwöchigen Events im März.

Fehlende Kultur-Förderung in Deutschland

Ein kleiner Wermutstropfen: Die SchulKinoWochen sind als kulturelles Projekt massiven Budget-Restriktionen ausgesetzt. Dies begrenzte die Marketing-Möglichkeiten massiv. Um nur ein Beispiel zu geben: Das Projekt war – trotz der vielen Lehrer und Schüler, die man potentiell ansprechen könnte – nicht auf Social Media vertreten. Darum initiierte ich eine neue Facebook-Page für die SchulKinoWochen Hessen, die jedoch schnell an eine natürlich Grenze stieß. Das Problem ist bekannt: Facebook priorisiert beworbene (= bezahlte) Beiträge und schlägt sie – abhängig vom eigenen Targeting – dem Zielpublikum vor. Bei der organischen (sprich: Nicht bezahlten) Reichweite ist man auf natürliches Wachstum angewiesen: Langsam, über Umwege, wenig zielführend. Warum habe ich mich trotzdem für eine Präsenz auf Facebook stark gemacht?

Drei gute Gründe für Facebook – auch ohne Werbung

1. Visitenkarte im Netz
Die eigene Facebook-Page erfüllt im Netz für Pressearbeit und soziale Medien inzwischen eine ähnliche Funktion wie eine herkömmliche Website. Wer nicht auffindbar ist, der „existiert“ nicht. Wer keinen Mehrwert über spannende Beiträge bringt ist nicht relevant. Eine Page anzulegen und darüber die Aktivitäten, das Programm und die Stimmung der SchulKinoWochen zu transportieren – frei nach dem Motto „content is king“ – war darum ein essentieller Schritt, um dem Projekt mehr Sichtbarkeit zu geben und die Besucher zur Homepage des Projekts zu leiten.

2. Glaubhaft über Medienkompetenz sprechen
Facebook ist für die jüngere Zielgruppe ein wichtiges Informationsmedium. Um relevant zu erscheinen – gerade weil das Projekt mit dem Ausbau von Medienkompetenz argumentiert – braucht es medial die nötige Aktualität. Leider fehlt vielen Projekten, vor allem wenn sie bei staatlichen Stellen verortet sind, ein Auftritt in den sozialen Medien und/oder eine Social Media Strategie. Die Inhalte mögen interessant sein, die Tonalität verkennt jedoch das spielerische Element. Darum war der Schritt zu einer fb-Page auch mit der Entscheidung verbunden, ganz bewusst auf einen sympatischen Ton zu setzen, der die interessanten Inhalte und Events des Projekt und den Spaß des Teams gleichermaßen vermitteln sollte.

3. Pressearbeit und soziale Medien: We’re playing the long game!
Kritiker mögen sich die Likes der Seite anschauen und – berechtigterweise – bemerken, dass es bei weitem nicht die Besucherzahlen von über 60.000 Lehrern und Schülern widerspiegeln. Vollkommen korrekt. Doch wie oben geschildert kann ein schnelles Wachstum der Likes ohne Facebook-Marketing nicht erreicht werden. Trotz allem wird sich die zeitliche Investition in die Page für die SchulKinoWochen auszahlen. Als Projekt, das jährlich größer wird und Aufmerksamkeit generiert, wird auch die Fangemeinde der Page jährlich Zuwachs gewinnen. Aller Anfang ist schwer, aber die Seite hat das Potential in den nächsten 2-3 Jahren eine gute Reichweite zu generieren – vorausgesetzt die Seite wird auch nach Projektende im März weitergepflegt. Pressearbeit und Öffentlichkeitsarbeit sind auf Dauer ausgelegt – das gilt auch für einen Auftritt in den sozialen Medien.

Zusammenfassend gilt also: Die strategische Entscheidung eine Page in den sozialen Medien aufzubauen hängt nicht nur von den schnell Verfügbaren Likes ab. Bei einer langfristigen Perspektive spielen Auffindbarkeit und Image-Aspekte ebenso eine wichtige Rolle. Das gilt natürlich nicht nur für die SchulKinoWochen, sondern auch für meine Lilit-Page auf Facebook – die sich natürlich über jedes neue Like freut!

Und wer weiß? Vielleicht werde ich im nächsten Jahr wieder bei den SchulKinoWochen mit dabei sein. Viele neue Ideen habe ich schon.

Ihr seid neugierig auf mehr Tipps zum Thema Pressearbeit und Social Media? Dann schaut doch mal rein in unser Best-Practice der Parteien im Wahlkampf! Holt euch die besten Tipps zu Facebook, Instagram, Snapchat und Twitter. Und lest von meinen Erfahrungen auf dem Campaign Camp im letzen Wahlkampf.

Ihr wollte komprimiert lernen, wie ihr selbst effektive Pressearbeit gestaltet? Dann nichts wie ran: Schaut euch unser Angebot zum Thema Social Media doch einmal genauer an, kommt zu einem unserer Vorträge oder schreibt mir eine Mail mit euren Erfahrungen!